Informationen zu Vogelfindlingen

1. Gartenvögel

Der Landesverband des NABU Thüringen hat wiederholt darauf hingewiesen, dass junge Gartenvögel, wenn sie flügge sind, im Allgemeinen von ihren Eltern versorgt und auch angeleitet werden, selber Nahrung zu suchen. Wenn Eltern da sind und die Jungvögel versorgen, flattern diese von Ast zu Ast, können vom Boden auffliegen, auf Warnlaute der Eltern Gefahren ausweichen und sich in Sicherheit bringen. So haben sie eine Chance, dieses gefährliche Alter (Ästlingszeit) zu überstehen, zu wachsen und richtig flugfähig zu werden.

Es gibt aber zahlreiche Ausnahmen auf die wir aus unserer langjährigen Erfahrung mit Fundvögeln hinweisen möchten, damit nicht der falsche Eindruck entsteht, jeder Vogel auf dem Boden ist ein flügger Jungvogel und wird von den Eltern versorgt.

Es gibt auch hilflose Nestlinge, die aus dem Nest gefallen sind und nicht versorgt werden können. Dann ist es nicht sinnvoll, die Jungvögel beispielsweise ins Gebüsch zu setzen. Es kommt kein Elternteil zum Füttern, sondern sie verhungern oder werden selber gefressen.

Das Bundesnaturschutzgesetz erlaubt die vorübergehende Aufnahme verletzter und hilfsbedürftiger Vögel und ebenso fordert dies das Tierschutzgesetz.

Ausnahmen, d.h. Hilfe bedürfen:

- alle verletzten Jung -und Altvögel sowie

- alle flugunfähigen Nestlinge und auch

- Ästlinge, die außerhalb des Nestes nicht gefüttert werden. Wenn es wirklich

  schon flügge Ästlinge sind, sind diese nicht leicht zu fangen (und bei uns in der

  Minderzahl).

Eine Sonderstellung nehmen Mauersegler ein:

 

Auf dem Boden liegende flugunfähige Mauersegler sind chancenlos!

Das betrifft sowohl verletzte Altsegler als auch Mauerseglernestlinge, die uns in jedem Entwicklungsstadium von hilfsbereiten Menschen gebracht werden und nur dadurch eine Überlebensmöglichkeit haben. Kein Mauersegler füttert außerhalb des Nestes seine Jungen. Aber alle flugfähigen Mauersegler können sich von alleine(!!) in die Luft erheben, wenn sie durch ein Ereignis auf dem Boden gefallen sind.

Flugunfähig können die Vögel mit einer Gehirnerschütterung sein, zugezogen nach einem Aufprall oder als nich ausgewachsener Jungsegler, der aus dem Nest gefallen ist oder bei Dachabdeckungen gefunden wurde.

Nur durch sachgerechte menschliche Hilfe sind sie zu retten! Und diese Hilfe ist sinnvoll, denn vom Menschen aufgezogene, oder gesund gepflegte Mauersegler sind lebenstüchtige Zugvögel, wie Beringungen nachwiesen.

Wir warnen eindringlich davor, den Mauersegler zur Starthilfe in die Luft zu werfen. Man verstärkt die Schäden oder riskiert neue Verletzungen, wenn er wieder zu Boden fällt (es gibt seltene Ausnahmen, man sollte sie aber nicht provozieren!).

 

Es gibt keine Ästlingszeit bei Mauerseglern! Wer das Nest verlässt gilt als flugtüchtig. Häufig kommen Verwechslungen bezüglich der Art vor, aber man kann diese Kenntnisse nicht von allen Menschen erwarten. Viele Schäden werden durch nicht artgerechte Ernährung verursacht! Eine individuelle Begutachtung von kompetenter Seite sollte jedem hilfsbedürftigen Vogel gewährt werden.


2. Greifvögel und Eulen

Bei aufgefundenen verletzten oder kranken Greifvögeln und Eulen steht im Tierheim Weimar eine Auswilderungsanlage zur Verfügung. Die fachgerechte Betreuung der kranken Vögel übernimmt das geschulte Personal des Tierheims Weimar.

Der gesamten Breite verletzter einheimischer Greif- und Eulenvögel dient die einzige 
Auswilderungsanlage in der Stadt Weimar bzw. im Kreis Weimar-Land als Rehabilitations-
station. Unterschiedlichst sind die Verwundungen der hier stationierten Tiere: Kollisionen
mit Fahrzeugen, Vergiftungen durch Schadnagerbekämpfung, aus dem Horst gefallene
Nestlinge sind die häufigsten Ursachen für einen Aufenthalt im Weimarer Tierheim.
Hier wird ihnen die reelle Chance auf die Wiedereingliederung in die Natur gegeben.
In besonderen Abteilungen werden die Tiere unter Aufsicht der betreuenden Tierärztin
gesund gepflegt. Der Weg in die freie Natur führt über eine Auswilderungsanlage. Das
gesundete Tier wird hier solange zugefüttert, bis es die Kraft für das eigene Weiterleben
gewonnen hat.

"Der tägliche Futtermittelbedarf liegt bei 25% des Körpergewichts bei kleinen Arten und
4% bei großen (Ein Turmfalke wiegt etwa 100 Gramm, ein Rotmilan etwa 1200 Gramm).
Generell orientiert sich die Fütterung unserer Pfleglinge an den unter Wildbahnbedingungen
aufgenommenen Beutetieren. Es werden ganze Tierkörper mit all ihren Organen angeboten
um Mangelerscheinungen zu verhindern. Zu nah darf der menschliche Kontakt zu den Tieren
nicht sein, das würde für den Vogel zur tödlichen Gefahr in der Natur werden" berichtet der
ausgebildete Falkner und Tierheimmitarbeiter Markus Dankowski. Bisher waren Wespen-
und Mäusebussarde, Rotmilane, Sperber, Turm- und Baumfalken, Schleier- und
Waldohreulen, Uhu´s und Waldkauze umsorgte Patienten des Tierheimes. "50 - 70% der
gebrachten Vögel seit 1999 haben wir rehabilitieren können und konnten die Tiere
erfolgreich auswildern". Diese Quote ist hoch, liegt doch weltweit der Erfahrungswert bei
70%. Ein hohes Maß an verhaltensbiologischem und veterinärmedizinischem Wissen,
Geduld und Einfühlungsvermögen sind die Garanten für derartige Ergebnisse.

Beim Auffinden unfallverletzter Greifvögel und Eulen bitte folgende Tierheimnummer

wählen
: 03643/ 850705
oder Vogelschutzwarte Seebach
036014 40565

Weitere Infos unter: Tierheim Weimar

Der Mitarbeiter des Tierheims Markus Dankowki mit einem Baumfalken kurz vor der Auswilderung. Drei Wochen zuvor wurde der offenbar vergiftete Falke zur Pflege in das Tierheim Weimar gebracht.


Gelungene Hilfeleistungen

1. Ein flugunfähiger junger Turmfalke, der aus dem Nistkasten am Zeppelinplatz (Weimar) gefallen war und von Nachbarn gefunden wurde. Nach Rücksprache wurde er in einem Plasteeimer aufgenommen, da er selber noch nicht zum Nest zurückfliegen konnte. Die informierte Feuerwehr übernahm bei Dunkelheit (um Schreckreaktionen zu verhindern) das Rücksetzen des Jungvogels in sein Nest. Dieses Vorgehen war erfolgreich.

2. Nach Sturm und Dauerregen gibt es durchnässte und damit flugunfähige Vögel. Sie können sich auch u.U. vor Ermattung nicht selber retten. So geschehen mit einem Nest mit 5 Dompfaffenjungen, das aus einer hohen Pappel abgestürzt war. Ein Zurücksetzen war nicht realisierbar. Sie wurden von Kindern gefunden, bei uns aufgepäppelt, lernten selbständiges Fressen und konnten als ausgewachsene selbständige Vögel in ein adäquates Umfeld entlassen werden. Ohne menschliche Hilfe wären sie ein Katzenopfer geworden oder verhungert.

3. Vier Gebirgsstelzenjunge wurden durch eine uns unbekannte Gewalteinwirkung aus ihrem Nestloch auf das Pflaster herausgeworfen: Ein Junges war tot und 2 hatten Flügelverletzungen und herausgerissene Federn, ein Junges war unversehrt. Nach der Nestlingszeit begann die sehr betriebsame Ästlingszeit mit Baden und Futterfischen. Die defekten Flügel erholten sich durch das Nachwachsen neuer Federn innerhalb von 10 Tagen, da die Federanlage unbeschädigt geblieben war. Am Ilmufer wurden sie frei gelassen und schwangen sich gleich auf einen hohen Baum, von dem sie nach einer Weile zum Fluss in Etappen runterflogen und mit der Nahrungssuche begannen.

4. Abgestürzte Schwalbennester mit Jungen kann man erfolgreich ersetzen, indem man die Jungen in ein ausgepolstertes (Toilettenpapier – auf keinen Fall Watte) Körbchen umbettet und dieses an einen Haken in ca. Höhe des Originalnestes hängt und beobachtet, ob die Eltern weiter füttern, was sie in der Regel tun. Ist die Wiederanbringung zu tief vom Originalstandort wird das Weiterfüttern aber auch verweigert. Dann müssen die Jungen per Hand versorgt werden mit artgerechtem Futter (Insekten) und während der Ästlingszeit in der Voliere oder im Zimmer die Futteraufnahme und das Fliegen lernen.

5. Verletzte Jung- und Altamseln konnten nach Wundheilung und Versorgung mit Antibiotika und adäquatem Futter geheilt an ihren Standorte freigelassen werden.

6. Eine tierärztliche Meisterleistung war die Nagelung des gebrochenen Beines eines Sperlingästlings. Er kratzte sich nach 3 Wochen sowohl mit dem rechten als auch dem geheilten linken Fuß am Köpfchen, war ausgewachsen und selbständig geworden.

7. Wird während der anstrengenden Fütterungsphase ein Elternteil getötet (in einem Beispiel durch eine Katze), kapituliert gelegentlich der andere Teil vor dieser sehr schweren Aufgabe und gibt die Brut auf. Gelegentlich bekommen dieses Ereignis aufmerksame Menschen mit und vertrauen uns die rufende oder bereits verstummte Brut an (so geschehen von Sperling, Blau- und Kohlmeise).

8. Wiederholt wurden wir mit verletzten Tauben bzw. nestjungen Tauben bei Haus- und Bodensanierungen um Hilfe gebeten. Alle Nestlinge stehen unter Schutz - auch die der zu Unrecht verfemten Stadttauben. Wir treten für betreute Taubenschläge ein.